Rohertrag & Nettokaltmiete ermitteln

Im ersten Schritt der Berechnung der Grundsteuer nach dem Bundesmodell gilt es, den Rohertrag zu bestimmen. Dieser ergibt sich beim Ertragswertverfahren aus der Wohnfläche und der Nettokaltmiete. Während die Wohnfläche vom Grundstückseigentümer selbst zu ermitteln ist, kann man die Höhe der Nettokaltmiete dem Bewertungsgesetz entnehmen.

Berechnungsschema: Wo bin ich?

Bei der Berechnung im Rahmen des Ertragswertverfahrens kann man leicht den Überblick verlieren. Deshalb hier vorab noch einmal das Berechnungsschema für den Grundsteuerwert. Schritt 1: Berechnung des jährlichen Rohertrags.

 

jährlicher Rohertrag

§ 254 BewG, Anlage 39

./.

nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten

§ 255 BewG, Anlage 40

=

jährlicher Reinertrag

§ 253 Abs. 1 BewG

×

Vervielfältiger

§§ 253 Abs. 2, 256 BewG, Anlagen 37, 38

=

kapitalisierter Reinertrag

§§ 252, 253 BewG

+

abgezinster Bodenwert

§ 257 BewG, Anlage 41

=

Grundsteuerwert

§ 252 BewG

Für die Berechnung des Rohertrags benötigt man diese Werte:

  • Nettokaltmiete
  • Mietniveaustufe
  • Wohnfläche in qm
  • Baujahr des Gebäudes
  • Gebäudeart (Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück, Wohneigentum)

Für den jährlichen Rohertrag selbst ergibt sich schließlich dieses eigene Berechnungsschema:

 

monatliche Nettokaltmiete / qm Wohnfläche

Anlage 39 Nr. I

+

Zuschlag für Mietniveaustufe oder

Anlage 39 Nr. II

./.

Abschlag für Mietniveaustufe

Anlage 39 Nr. II

=

monatlicher Rohertrag

§ 254 BewG

×

12

§ 254 BewG

=

jährlicher Rohertrag

§ 254 BewG

Und nun zu den im Schema genannten Begriffen im Einzelnen:

Nettokaltmiete

Ausgangspunkt für die Ermittlung des Rohertrags ist die monatliche Nettokaltmiete je Quadratmeter Wohnfläche.

Gut zu wissen:

Bei der monatlichen Nettokaltmiete kommt es nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Deshalb spielt zum Beispiel ein Mietspiegel für die Grundsteuer überhaupt keine Rolle. Stattdessen hat der Gesetzgeber je nach Bundesland, Gebäudeart und Größe der Wohnung die Nettokaltmiete pro Quadratmeter pauschal festgelegt. Die entsprechenden Werte finden sich in Anlage 39 Nr. I zum Bewertungsgesetz.

Um den richtigen Wert für die eigene Immobilie zu finden, muss man also das Baujahr, die Gebäudeart und die Wohnfläche in qm wissen.

Beispiel:

Ein Einfamilienhaus in Berlin hat eine Wohnfläche von 150 qm. Es wurde 2019 erbaut. Aus Anlage 39 Nr. I zum Bewertungsgesetz ergibt sich eine Nettokaltmiete von 11,96 Euro/qm.

Hier der zum Beispiel passende Ausschnitt aus der Anlage 39:

Image
Nettokaltmiete Anlage 39 BewG Beispiel

Gut zu wissen:

Aufgrund der Angaben in der Grundsteuererklärung ermittelt das Finanzamt automatisch die Nettokaltmiete. Diese muss also nicht in der Erklärung angegeben werden.

Für einen Garagenstellplatz (Einzelgarage oder Tiefgarage) wird pauschal eine Nettokaltmiete von 35 Euro/Monat angesetzt

Die Nettokaltmiete aus Anlage 39 ist aber meist noch nicht der endgültige Betrag, der für die Berechnung angesetzt wird. Entsprechend der Mietniveaustufe kann es Zuschläge oder Abschläge geben, sodass die Nettokaltmiete sich erhöht oder niedriger ausfällt.

Mietniveaustufe

Die Mietniveaustufe dient dazu, die höheren Mieten in einer Großstadt und die niedrigeren Mieten auf dem Land besser berücksichtigen zu können. Welche Stadt bzw. welches Gebiet welche Mietniveaustufe hat, ergibt sich aus einer separaten Verordnung.

In der sogenannten Mietniveau-Einstufungsverordnung findet sich – geordnet nach Bundesländern – jede Gemeinde und ihre Mietniveaustufe. Ausgehend von dieser Mietniveaustufe kann man anschließend aus Anlage 39 Nr. II zum Bewertungsgesetz ablesen, welcher Zuschlag bzw. Abschlag von der ermittelten Nettokaltmiete vorzunehmen ist.

Mietniveaustufe 1

– 20 %

Mietniveaustufe 2

– 10 %

Mietniveaustufe 3

+/– 0 %

Mietniveaustufe 4

+ 10 %

Mietniveaustufe 5

+ 20 %

Mietniveaustufe 6

+ 30 %

Mietniveaustufe 7

+ 40 %

Gut zu wissen:

Im Grundsteuer Rechner wird nach Auswahl der Gemeinde automatisch die richtige Mietniveastufe für die Berechnung des Grundsteuerwerts berücksichtigt.

Beispiel:

Die Stadt Neustadt a.d.W. (Rheinland-Pfalz) hat eine Mietniveaustufe von 2. Für ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 170 qm, Baujahr 1995, ergibt sich zunächst eine Nettokaltmiete von 6,15 Euro/qm (Anlage 39 Nr. I). Aufgrund der Mietniveaustufe 2 erfolgt ein Abschlag von 10 %. Als endgültige Nettokaltmiete ergibt sich ein Wert von 5,54 Euro/qm (= 6,15 Euro/qm ./. 10 %, hier gerundet auf zwei Nachkommastellen).

Verfügt das Einfamilienhaus über eine Garage, werden von der pauschalen Nettokaltmiete in Höhe von 35 Euro/Monat ebenfalls 10 % abgezogen. Diese wäre dann mit 31,50 Euro/Monat anzusetzen.

Wohnfläche in Quadratmeter

Um den Rohertrag zu berechnen, benötigt man neben der Nettokaltmiete die Wohnfläche des Gebäudes.

Wohnflächen liegen vor, wenn die Flächen Wohnbedürfnissen dienen. Das bedeutet: Alle Räume, in denen man wohnt, sind Wohnflächen. Dazu gehören Schlafzimmer, Wohnzimmer, Kinderzimmer, Küche, Bad usw. Auch das häusliche Arbeitszimmer ist Wohnfläche.

Zu den Nutzflächen zählen Flächen, die betrieblichen (z. B. Werkstätten, Verkaufsläden, Büroräume), öffentlichen oder sonstigen Zwecken (z. B. Vereinsräume) dienen und keine Wohnflächen sind. Aber Achtung: Bei Ein- und Zweifamilienhäusern sind die Nutzflächen zur Wohnfläche zu addieren. Bei Mietwohngrundstücken rechnet man für die Nutzflächen die Nettokaltmiete dazu, die für Wohnungen mit einer Fläche unter 60 qm gilt.

Flächen von Zubehörräumen bzw. Nebenräumen, wie zum Beispiel Heizungsräume, Keller- und Abstellräume, Wasch- und Trockenräume, zählen weder als Wohn- noch als Nutzfläche, wenn sie in einem Nutzungszusammenhang mit Wohnflächen stehen.

Beispiel:

In einem Einfamilienhaus haben die Wohnräume eine Fläche von 170 qm. Ein Raum mit einer Fläche von 20 qm wird als Notfallpraxis betrieblich genutzt. Keller-, Heizungs- und Abstellräume haben eine Fläche von 30 qm.

Die 30 qm der Zubehörräume zählen weder als Wohnfläche noch als Nutzfläche. Sie bleiben bei der Berechnung des Rohertrags außen vor.

Die 20 qm der Notfallpraxis gelten als Nutzfläche. Sie sind zur Wohnfläche zu addieren.

Für die Berechnung des Rohertrags ist deshalb eine Wohnfläche von insgesamt 190 qm anzusetzen (= 170 qm + 20 qm).

Baujahr des Gebäudes

Das Baujahr des Gebäudes ist erforderlich, um aus der Tabelle in Anlage 39 Nr. I zum Bewertungsgesetz den richtigen Wert ablesen zu können.

Gebäudeart

Die Gebäudeart wird benötigt, um aus der Tabelle in Anlage 39 Nr. I zum Bewertungsgesetz den richtigen Wert ablesen zu können.

Für Wohnungseigentum gelten die Nettokaltmieten für Mietwohngrundstücke.

Rohertrag

Der Rohertrag hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundstückseigentümer müssen aber eigentlich nur darauf achten, dass sie die Wohnfläche richtig ermitteln. Baujahr und Gebäudeart stehen ja fest. Alle weiteren Berechnungen sind Sache des Finanzamts.