Der Bescheid, mit dem die Grundsteuerwerte mitgeteilt werden, ist ein Feststellungsbescheid. Für ihn gelten die gleichen Regeln wie für andere Steuerbescheide auch. Das bedeutet insbesondere, dass der Steuerpflichtige bei Fehlern Einspruch einlegen und beantragen kann, den Feststellungsbescheid richtig zu stellen.
Nochmal zur Erinnerung
Der Feststellungsbescheid im Rahmen der Grundsteuer enthält mehrere Feststellungen, und zwar über den Grundsteuerwert, die Vermögensart, die Grundstücksart, die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit, die Höhe der jeweiligen Anteile bei mehreren Beteiligten, die Steuermesszahl und die Höhe des Steuermessbetrags. Diese könnten jeweils separat mit dem Einspruch angefochten werden – theoretisch zumindest. Denn dabei könnte es passieren, dass nur gegen einen Wert Einspruch eingelegt wird, die anderen Werte aber „bestandskräftig“ werden. Das bedeutet, sollte der Steuerpflichtige einen weiteren Fehler finden, kann er diese bestandskräftigen Werte nicht mehr mit einem Einspruch ändern lassen.
Praxistipp:
Es empfiehlt sich, immer gegen den kompletten Feststellungsbescheid Einspruch einzulegen. Denn nur dann bleiben alle Werte änderbar.
Gut zu wissen:
Eine Änderung des Bescheids kann auch über eine fehlerbeseitigende Fortschreibung erreicht werden, falls ein Einspruch nicht mehr möglich sein sollte. Der Nachteil: Die Korrekturen wirken sich nicht sofort, sondern ggf. erst einige Jahre später aus.
Übrigens: Der Einspruch ist kostenlos, es fallen keine behördlichen Gebühren an.
Ohne Formalien geht es nicht
Beim Einspruch müssen bestimmte formale Regeln beachtet werden.
Ganz wichtig: Das Einspruchsschreiben muss an das zuständige Finanzamt geschickt werden.
Noch viel wichtiger: Die Einspruchsfrist darf auf keinen Fall verpasst werden.
Welches Finanzamt ist zuständig?
Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten: Für den Einspruch ist das Finanzamt zuständig, das den Feststellungsbescheid erlassen hat. Die Anschrift findet sich auf dem Bescheid, zusätzlich auch in der Rechtsbehelfsbelehrung.
Wann beginnt und wann endet die Einspruchsfrist?
Wichtig:
„Der Einspruch ist […] innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen.“, sagt das Gesetz (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO).
Kommt der Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert mit der Post, gilt der Bescheid am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Als Postaufgabedatum gilt das Datum des Steuerbescheids. Fällt das Ende der Dreitagesfrist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich das Fristende auf den nächsten Werktag. Die Einspruchsfrist beginnt am Tag nach der Bekanntgabe.
Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe muss der Einspruch beim Finanzamt sein. Auch hier gilt: Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich das Fristende auf den nächsten Werktag.
Beispiel
Der Steuerpflichtige erhält den Feststellungsbescheid am 3.5.2022. Datum des Bescheids ist der 2.5.2022. Der Feststellungsbescheid gilt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Das ist der 5.5.2022. Die Einspruchsfrist beginnt am 6.5.2022 und läuft eigentlich bis zum 5.6.2022. Da dieser Tag jedoch ein Sonntag ist, verlängert sich die Einspruchsfrist bis zum 6.6.2022. Der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid muss also am 6.6.2022 bis 24 Uhr beim Finanzamt sein.Was beim Einspruchsschreiben noch beachtet werden muss
Ein paar weitere Formalien müssen noch eingehalten werden, damit der Einspruch vom Finanzamt akzeptiert wird:
- Absender nicht vergessen:
Das Finanzamt muss wissen, wer Einspruch einlegt. Das ist vor allem dann wichtig, wenn das Grundstück mehreren Personen zugerechnet wird und es deshalb mehrere Steuerpflichtige gibt. Hier sollte klar zum Ausdruck gebracht werden, wer genau und ggf. für wen Einspruch einlegt. - Feststellungsbescheid benennen:
Im Einspruchsschreiben muss die Bezeichnung des Bescheids genau angegeben werden. Am besten zitiert man Buchstabe für Buchstabe aus dem Bescheid. Da steht zum Beispiel: „Grundsteuerwertbescheid – Zurechnungsfortschreibung auf den 1.1.2026 – und Grundsteuermessbescheid – Neuveranlagung auf den 1.1.2026“. Diese Angaben sollten so auch im Einspruchsschreiben stehen.
Wichtig: Aktenzeichen nicht vergessen. Das findet sich im Bescheid normalerweise ganz oben zum Beispiel in der linken Ecke. - Sagen, was nicht passt:
Der Steuerpflichtige sollte dem Finanzamt mitteilen, was seiner Meinung nach an dem Bescheid nicht stimmt. Sonst kann das Finanzamt mit dem Einspruch gar nichts anfangen und wird ihn eher früher als später als unbegründet zurückweisen.
Mögliche Angriffspunkte gegen den Feststellungsbescheid
Hier ein paar Beispiele, was der Steuerpflichtige im Feststellungsbescheid prüfen sollte:
- Stimmt die Quadratmeterzahl bei der Berechnung der Wohnfläche oder Grundstücksfläche?
- Sind die richtigen Werte angesetzt worden (Bodenrichtwerte, Mietniveaustufe, Restnutzungsdauer usw.)?
- Hat das Finanzamt das richtige Bewertungsverfahren angewendet?
- Wurde ein Förderbescheids nach dem Wohnraumförderungsgesetz berücksichtigt?
- Stimmt die Bewertungsart?
- Wurde beachtet, dass das Gebäude dem sozialen Wohnungsbau dient?
- Sind alle Eigentümer im Bescheid genannt?
- Ist die korrekte Steuermesszahl angewendet worden?
- usw.
Praxistipp:
Beim Prüfen des Feststellungsbescheids sollte man die dort genannten Werte mit den Angaben der Grundsteuererklärung vergleichen. So können Abweichungen schnell erkannt werden.
Was das Finanzamt mit dem Einspruch macht
Die erste Möglichkeit: Das Finanzamt gibt dem Steuerpflichtigen Recht und ändert den Bescheid in seinem Sinne ab. Der Steuerpflichtige erhält einen neuen Bescheid.
Die zweite Möglichkeit: Das Finanzamt weist den Einspruch komplett zurück und erlässt eine ablehnende Einspruchsentscheidung.
Die dritte Möglichkeit: Das Finanzamt gibt dem Einspruch teilweise statt, also dem Steuerpflichtigen zum Teil Recht. Auch hier verschickt es einen neuen, geänderten Bescheid.
Wie geht es nach dem Einspruchsverfahren weiter?
Wer eine ablehnende Einspruchsentscheidung erhält oder nur teilweise Recht bekommt, kann weiter gegen die Feststellung vorgehen. Dann allerdings vor dem Finanzgericht: Denn gegen eine Einspruchsentscheidung ist kein Einspruch mehr möglich, sondern nur noch die Klage vor dem Finanzgericht.
Selbst ist die Frau/der Mann?
Einen Einspruch kann eigentlich jeder in Eigenregie einlegen. Man kennt ja die Angaben, die man in der Grundsteuererklärung gemacht hat, und hat sich wahrscheinlich schon vorher ausgerechnet, welche Werte im Feststellungsbescheid stehen sollten. Die entsprechenden Zahlen kann jeder selbst vergleichen, ohne einen Steuerberater oder Fachanwalt bemühen zu müssen. Wenn es zur Klage kommt, empfiehlt es sich jedoch, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn allein die formalen Anforderungen einer Klageschrift und die Regeln bei Gericht überfordern juristische Laien schnell.