Wie sich nachträgliche Anbauten und Umbauten bei der Grundsteuer auswirken

Für die ab 2025 zu zahlende Grundsteuer bzw. für die Berechnung des Grundsteuerwertes sind die Verhältnisse vom 1.1.2022 maßgebend. Was aber, wenn nach diesem Stichtag einem bereits bestehenden Gebäude ein Anbau hinzugefügt wird oder Umbauten, wie zum Beispiel der Ausbau des Kellers oder des Dachbodens, stattfinden? Diese Veränderungen berücksichtigt das Finanzamt nachträglich, und zwar im Rahmen der sogenannten Wertfortschreibung. Der Eigentümer des Grundstücks erhält darüber hinaus einen neuen Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert.

Wie wirken sich Anbauten und Umbauten bei der Grundsteuer aus?

Wird ein bestehendes Gebäude um einen Anbau erweitert, zum Beispiel weil die wachsende Familie mehr Zimmer braucht, erhöht sich dadurch die Wohnfläche.

Wer in seinem Haus Umbauten vornimmt und zum Beispiel ein ungenutztes Dachgeschoss oder Kellerräume in Wohnraum verwandelt, hat dadurch ebenfalls mehr Wohnfläche zur Verfügung. Denn ein nicht ausgebautes Dachgeschoss oder als Keller genutzte Räume zählen bis zum Umbau nicht als Wohnfläche.

Eine Erhöhung der Wohnfläche wirkt sich in fast allen Bundesländern auf den Grundsteuerwert und damit auch auf die Grundsteuer aus. Mehr Wohnfläche bedeutet unter dem Strich auch ein Mehr an Grundsteuer. Lediglich Baden-Württemberg ist hier außen vor, denn dort spielt die Gebäudefläche keine Rolle.

Beispiel:

Ein Einfamilienhaus in Rheinland-Pfalz hat eine Wohnfläche von 170 qm. Das Grundstück ist 650 qm groß, der Bodenrichtwert beträgt 450 Euro/qm, die Mietniveaustufe liegt bei 2, der Hebesatz der Gemeinde liegt bei 505 %. Nach dem Bundesmodell ergeben sich daraus ein Grundsteuerwert von 335.000 Euro und eine Grundsteuer von 524,44 Euro.

Durch einen Anbau erhöht sich die Wohnfläche um 20 qm auf 190 qm. Der Grundsteuerwert steigt dadurch auf 365.900 Euro. Die Grundsteuer liegt nun bei 572,77 Euro.

Die Erhöhung der Wohnfläche führt also zu einem Mehr an Grundsteuer von fast 50 Euro pro Jahr.

Würde das gleiche Haus in Bayern stehen, ergäbe sich nach dem bayerischen Landesmodell eine Grundsteuer von 431,77 Euro bzw. durch den Anbau eine Grundsteuer von 467,12 Euro. Die Erhöhung der Wohnfläche führt hier also zu einem Mehr an Grundsteuer von gut 35 Euro pro Jahr.

Normalerweise wird der Grundsteuerwert nur zu den Hauptfeststellungszeitpunkten ermittelt. Die erste Hauptfeststellung fand zum 1.1.2022 statt. Der nächste Hauptfeststellungstermin im Rahmen des Bundesmodells ist der 1.1.2029 und dann geht es im siebenjährigen Rhythmus weiter. Die Ländermodelle regeln teilwiese abweichende Hauptfeststellungszeitpunkte. Um Wertänderungen, die zwischen zwei Hauptfeststellungen eintreten, zeitnah erfassen zu können, gibt es die Möglichkeit, eine Fortschreibung vorzunehmen.

Praxistipp:

Anbauten und Umbaumaßnahmen nach dem Stichtag 1.1.2022 berücksichtigt das Finanzamt im Rahmen der sogenannten Wertfortschreibung. Diese Möglichkeit sehen alle Grundsteuermodelle vor, allerdings unterscheiden sich Bundesmodell und Landesmodelle hinsichtlich der Voraussetzungen einer Wertfortschreibung.

So funktioniert die Wertfortschreibung

Erhöht sich die Wohnfläche durch einen Anbau oder Umbau, führt das zu einem höheren Grundsteuerwert. Und ist damit ein Fall für die Wertfortschreibung. Im Rahmen der Wertfortschreibung nimmt das Finanzamt eine Neubewertung des Grundstücks vor und ermittelt den neuen Grundsteuerwert.

Beim Bundesmodell ist jedoch Voraussetzung für die Wertfortschreibung, dass der aktuelle Grundsteuerwert von dem Wert zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung um mehr als 15.000 Euro abweicht (§ 222 Abs. 1 BewG). Diese Wertfortschreibungsgrenze sorgt dafür, dass nicht jede kleine Wertabweichung gleich eine Fortschreibung des Grundsteuerwertes nach sich zieht.

Beispiel:

Ein Einfamilienhaus hat einen Grundsteuerwert von 350.000 Euro. Das Finanzamt nimmt nach einem Anbau oder Umbau nur dann eine Wertfortschreibung vor, wenn der neue Grundsteuerwert mehr als 365.000 Euro beträgt.

Weicht der neue Grundsteuerwert um mehr als 15.000 Euro vom alten Grundsteuerwert ab, erlässt das Finanzamt einen neuen Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert.

Das Landesmodell von Baden-Württemberg enthält die gleiche Regelung wie das Bundesmodell. Auch hier hängt die Wertfortschreibung davon ab, dass die Wertgrenze von 15.000 Euro überschritten ist.

Die Landesmodelle von Bayern, Hamburg und Niedersachsen sehen zwar die Möglichkeit einer Fortschreibung vor. Hier werden die Äquivalenzbeträge bzw. Grundsteuerwerte und die Flächen nur dann neu festgestellt, wenn ein Äquivalenzbetrag oder eine Fläche von der zuletzt getroffenen Feststellung abweicht und es für die Besteuerung von Bedeutung ist. Eine feste Wertfortschreibungsgrenze gibt es hier also nicht (Art. 6 Abs. 3 BayGrStG, § 6 Abs. 3 HmbGrStG, § 8 Abs. 3 NGrStG).

In Hessen erfolgt eine Neufestsetzung bzw. Neuveranlagung des Grundsteuerwertes, wenn während des Hauptveranlagungszeitraumes (das sind in Hessen 14 Jahre) Änderungen eintreten, die sich auf die Höhe des Grundsteuerwertes auswirken.

Ab welchem Zeitpunkt gilt der neue Grundsteuerwert?

Nach erfolgter Fortschreibung erlässt das Finanzamt einen neuen Feststellungsbescheid über den neuen Grundsteuerwert. Berechnungsgrundlage dafür sind die tatsächlichen Verhältnisse zu einem bestimmten Stichtag, dem sogenannten Fortschreibungszeitpunkt. Zu diesem Stichtag wird dann der neue Grundsteuerwert ermittelt.

Bei einer Wertfortschreibung ist das normalerweise der Beginn des Kalenderjahres, das auf die Änderung folgt (§ 222 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG). Das bedeutet, dass sich erst zu diesem Zeitpunkt die Änderungen steuerlich auswirken.

Beispiel:

Im Jahr 2026 erfolgt ein Anbau. Dadurch erhöht sich der Grundsteuerwert um mehr als 15.000 Euro. Das Finanzamt nimmt eine Wertfortschreibung vor, Fortschreibungszeitpunkt ist der 1.1.2027.

Eine Fortschreibung kann auch erfolgen, um einen Fehler zu beseitigen. In diesem Fall ist Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird (§ 222 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG).

Beispiel:

Zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 legt das Finanzamt für ein Einfamilienhaus eine zu hohe Grundfläche der Berechnung des Grundsteuerwertes zugrunde. Erst im Dezember 2025 bemerken die Eigentümer den Fehler und informieren das Finanzamt. Dieses erlässt im Februar 2026 einen geänderten Feststellungsbescheid mit einem niedrigeren Grundsteuerwert. Der Fortschreibungszeitpunkt ist in diesem Fall der 1.1.2025.

Das gilt jedoch nicht, wenn die Beseitigung des Fehlers zu einem höheren Grundsteuerwert führt – dann ist Fortschreibungszeitpunkt der Beginn des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird (§ 222 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BewG).

Beispiel:

Zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 legt das Finanzamt für ein Einfamilienhaus eine zu niedrige Grundfläche der Berechnung des Grundsteuerwertes zugrunde. Erst im Dezember 2025 bemerkt das Finanzamt den Fehler. Es erlässt im Februar 2026 einen geänderten Feststellungsbescheid mit einem höheren Grundsteuerwert. Der Fortschreibungszeitpunkt ist in diesem Fall der 1.1.2026.

Was gilt bei der Errichtung eines Gebäudes in mehreren Bauabschnitten?

Vor allem bei größeren Bauvorhaben dauert es durchaus mehrere Jahre, bis das Gebäude komplett fertiggestellt ist. Dementsprechend kann es dann passieren, dass das Finanzamt während der Bauphase mehrere Neubewertungen vornehmen muss. Denn:

  • Solange das Gebäude insgesamt noch nicht bezugsfertig ist, gilt das Grundstück als unbebaut.
  • Mit der Fertigstellung der ersten bezugsfertigen Einheit ist das Grundstück jetzt als bebaut zu bewerten und nicht mehr als unbebaut. Deshalb erfolgt nun neben der Wertfortschreibung auch eine sogenannte Artfortschreibung.

Bei einer mehrjährigen Bauzeit kann es – je nach Baufortschritt – deshalb dazu kommen, dass das Finanzamt jährlich eine Wertfortschreibung vornehmen muss.

Beispiel:

Der Grundstückseigentümer beginnt im Jahr 2025 mit dem Bau eines Mehrfamilienhauses auf einem bisher unbebauten Grundstück. Die ersten Wohnungen sind im Jahr 2026 bezugsfertig. Erst im Jahr 2027 sind die Baumaßnahmen abgeschlossen und alle Wohnungen bezugsfertig. Im Jahr 2026 nimmt das Finanzamt eine Artfortschreibung vor, da das Grundstück durch die bezugsfertigen Wohnungen nun als bebaut gilt. Darüber hinaus erfolgt eine Wertfortschreibung, da durch die Fertigstellung der Wohnungen sich die Wohnfläche und damit auch der Grundsteuerwert erhöht. Fortschreibungszeitpunkt ist der 1.1.2027.

Mit dem Abschluss der Baumaßnahmen erhöht sich wiederum die Wohnfläche, sodass das Finanzamt erneut eine Wertfortschreibung vornimmt. Fortschreibungszeitpunkt ist hier der 1.1.2028.

Achtung: Änderungen muss der Grundstückseigentümer dem Finanzamt mitteilen

Ändert sich durch einen Anbau bzw. Umbau die Wohnfläche, muss der Grundstückseigentümer dies dem Finanzamt anzeigen, also mitteilen (§ 228 Abs. 2 BewG).

Um dieser Anzeigepflicht nachzukommen, müsste der Grundstückseigentümer die Änderung elektronisch an das Finanzamt übermitteln. Derzeit sieht ELSTER jedoch keine Möglichkeit dafür vor. Deshalb wird momentan wohl eine einfache schriftliche Mitteilung ausreichen.

Praxistipp:

Im Zweifel sollte man direkt das zuständige Finanzamt kontaktieren, um sicherzustellen, dass die Anzeige der Änderung korrekt übermittelt wird. Denn die Anzeige muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen.

Die Frist für die Anzeige der Änderung beträgt einen Monat. Zu beachten ist: Die Anzeigefrist beginnt automatisch – also ohne dass eine Aufforderung durch das Finanzamt erfolgt – mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Änderung stattgefunden hat. Die Anzeige sollte also spätestens zum 31.1. des darauffolgenden Jahres beim Finanzamt eingegangen sein.

Wer seine Anzeige nicht fristgerecht oder gar nicht beim Finanzamt einreicht, muss mindestens mit einer „Strafe“ in Form des Verspätungszuschlags rechnen (§ 228 Abs. 5 BewG, § 152 Abs. 2 AO). Dieser beträgt für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro (§ 152 Abs. 5 Satz 2 AO).