Bei der Berechnung des Grundsteuerwertes für Teileigentum wendet das Finanzamt im Rahmen des Bundesmodells das Sachwertverfahren an. Für dieses gilt der Hebesatz der Grundsteuer B. Eine Ermäßigung der Steuermesszahl kommt nur in Betracht, wenn es sich um ein Baudenkmal handelt.
Was ist Teileigentum?
Teileigentum ist das Gegenstück zum Wohnungseigentum.
Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Hier geht es also um die Eigentumswohnungen, in denen ausschließlich gewohnt wird.
Teileigentum dagegen ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentum an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 249 Abs. 6 BewG). Die Räume, an denen Teileigentum besteht, werden also nicht zum Wohnen, sondern zum Beispiel für betriebliche Zwecke genutzt. Das kann ein Ladengeschäft, eine Werkstatt, ein Friseur- oder Kosmetiksalon oder etwas Ähnliches sein.
Zum Teileigentum gehört neben dem Sondereigentum an bestimmten Räumen auch der Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum, zum Beispiel am Grundstück selbst oder an Gemeinschaftsräumen.
Wie entsteht Teileigentum?
Teileigentum wird wie Wohneigentum durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum oder durch Teilung begründet. Die Regeln dazu finden sich im Wohnungseigentumsgesetz.
Bei der vertraglichen Einräumung von Sondereigentum wird ein Vertrag geschlossen, mit dem einem Miteigentümer das Eigentum an bestimmten Räumen des Gebäudes überlassen wird. Über diese Räume darf der Inhaber des Sondereigentums grundsätzlich frei verfügen, er darf auch Änderungen zum Beispiel an der Raumaufteilung vornehmen, soweit die anderen Eigentümer nicht beeinträchtigt werden. Das Entfernen von tragenden Wänden zum Beispiel hat Einfluss auf die Statik des gesamten Gebäudes und ist nicht erlaubt. Auch darf die der Sondereigentümer die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht verändern. Das betrifft zum Beispiel den Einbau neuer Fenster, die nicht zu den anderen Fenstern des Gebäudes passen.
Für die vertragliche Einräumung des Sondereigentums ist ein Eintrag ins Grundbuch erforderlich. Dort gibt es für jeden Miteigentumsanteil ein besonderes Grundbuchblatt, das sogenannte Wohnungsgrundbuch (bei Wohneigentum) bzw. das Teileigentumsgrundbuch (bei Teileigentum).
Bei der Teilung erklärt der Eigentümer eines Grundstücks gegenüber dem Grundbuchamt, dass er sein Eigentum in Miteigentumsanteile aufteilt und dass mit jedem dieser Anteile Sondereigentum verbunden ist. Auch in diesem Fall erfolgt ein entsprechender Eintrag ins Grundbuch.
Besonderheiten bei der Berechnung der Grundsteuer
Jedes Teileigentum, bestehend aus Sondereigentum und Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum, gilt grundsätzlich als ein Grundstück. Für jedes Teileigentum muss also eine Grundsteuererklärung abgegeben werden.
Teileigentum wird mithilfe des Sachwertverfahrens bewertet. Als Normalherstellungskosten setzt man den Wert der Gebäudeart an, dem das Teileigentum zugeordnet werden kann. Die entsprechenden Werte ergeben sich aus Anlage 42 Nr. II zum BewG.
Befindet sich das Teileigentum zum Beispiel auf einem gemischt genutzten Grundstück, verwendet man dessen Werte für die Berechnung des Grundsteuerwertes, bei Teileigentum in einem Bürogebäude dessen Normalherstellungskosten.
Das Gleiche gilt für die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer. So wird bei Teileigentum zum Beispiel auf einem gemischt genutzten Grundstück eine Nutzungsdauer von 80 Jahren angesetzt, bei Teileigentum in einem Bürogebäude 60 Jahre. Diese und weitere Werte können der Anlage 38 zum BewG entnommen werden.
Beispiel: So berechnet sich die Grundsteuer für Teileigentum
Die Eckdaten:
Art: | Teileigentum im Bürogebäude |
Lage: | Rheinland-Pfalz |
Baujahr Gebäude: | 2010 |
Miteigentumsanteil: | 1/4 |
Fläche Grundstück: | insgesamt 950 qm, davon 1/4: 237,50 qm |
Brutto-Grundfläche: | 350 qm |
Normalherstellungskosten: | 1.736 Euro/qm |
Baupreisindex: | 41 % |
Bodenrichtwert: | 520 Euro/qm |
Bewertungsstichtag: | 1.1.2022 |
Gesamtnutzungsdauer: | 60 Jahre |
Steuermesszahl (keine Ermäßigung): | 0,34 ‰ |
Hebesatz der Gemeinde (B): | 480 % |
So wird gerechnet:
Diese Eckdaten fügt man nun in das Berechnungsschema zum Sachwertverfahren ein. Die diversen Anlagen zum Bewertungsrecht sollte man in Griffweite haben. Denn diese sind bei der Berechnung unerlässlich.
Und so ermittelt sich für das Teileigentum die Grundsteuer:
|
Normalherstellungskosten Gebäude |
|
1.736 Euro/qm |
§ 259 Abs. 1 BewG, Anlage 42 Nr. II |
i.V.m. |
Baupreisindex |
i.V.m. |
41 % |
§ 259 Abs. 3 BewG |
= |
angepasste Normalherstellungskosten |
|
2.447,76 Euro/qm |
§ 259 Abs. 3 BewG |
× |
Brutto-Grundfläche |
× |
350 qm |
§ 259 Abs. 2 BewG, Anlage 42 Nr. I |
= |
Gebäudenormalherstellungswert |
|
856.716 Euro |
§ 259 Abs. 2 BewG |
Gebäudenormalherstellungswert × |
Alter des Gebäudes |
= Alterswertminderung |
wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer |
||
856.716 Euro × |
12 |
= 171.343,20 Euro |
60 |
= |
Gebäudenormalherstellungswert |
|
856.716 Euro |
§ 259 Abs. 2 BewG |
./. |
Alterswertminderung |
./. |
171.343,20 Euro |
§ 259 Abs. 4 BewG, Anlage 38 |
= |
Gebäudesachwert |
= |
685.372,80 Euro |
§ 259 BewG |
Achtung Restwert: Der nach Abzug der Alterswertminderung verbleibende Gebäudesachwert ist für die weitere Berechnung des Grundsteuerwerts mit mindestens 30 % der Gebäudenormalherstellungskosten anzusetzen (Restwertregelung).
Restwert: 856.716 Euro × 30 % = 257.014,80 Euro
Als Gebäudesachwert sind mindestens 257.014,80 Euro anzusetzen, hier der höhere Wert von 685.372,80 Euro.
|
Grundstücksfläche (Miteigentumsanteil) |
|
237,50 qm |
|
× |
Bodenrichtwert |
× |
520 Euro/qm |
§ 247 Abs. 2 BewG |
= |
Bodenwert |
= |
123.500 Euro |
§ 258 Abs. 2 BewG |
|
|
|
|
|
|
Gebäudesachwert |
|
685.372,80 Euro |
|
+ |
Bodenwert |
+ |
123.500 Euro |
|
= |
vorläufiger Sachwert |
= |
808.872,80 Euro |
§ 258 Abs. 3 BewG |
× |
Wertzahl |
× |
0,90 |
§ 260 BewG, Anlage 43 |
= |
Grundsteuerwert (abgerundet auf volle 100 Euro) |
|
727.900 Euro |
§ 258 Abs. 3 BewG, § 260 BewG |
Achtung Mindestwert: Der für ein bebautes Grundstück anzusetzende Wert darf nicht geringer sein als 75 % des Werts, den das Grundstück hätte, wenn es unbebaut wäre (§ 251 Satz 1 BewG).
Wert des unbebauten Grundstücks: 237,50 qm × 520 Euro/qm = 123.500 Euro
Mindestwert: 123.500 Euro × 75 % = 92.625 Euro
Als Grundsteuerwert sind mindestens 92.625 Euro anzusetzen, hier der höhere Wert von 727.900 Euro.
|
Grundsteuerwert |
|
727.900 Euro |
abgerundet auf volle 100 Euro |
× |
Steuermesszahl |
× |
0,00034 |
§ 15 Abs. 1 GrStG |
= |
Steuermessbetrag |
= |
247,49 Euro |
§ 13 GrStG |
|
Steuermessbetrag |
|
247,49 Euro |
|
× |
Hebesatz |
× |
480 % |
|
= |
Grundsteuer |
= |
1.187,95 Euro |
|
Ergebnis
Für das Teileigentum muss der Eigentümer ab dem Jahr 2025 eine jährliche Grundsteuer von 1.187,95 Euro bezahlen.
Wichtig:
Bei der Berechnung wurde ein derzeit geltender Hebesatz verwendet. Da die Kommunen die Hebesätze generell noch anpassen wollen, kann die künftig zu zahlende tatsächliche Grundsteuer abweichen.