Berechnung der Grundsteuer für ein Zweifamilienhaus

Aufgrund der Öffnungsklausel weichen einzelne Bundesländer vom Bundesmodell ab.

Bei der Berechnung des Grundsteuerwerts für ein Zweifamilienhaus wendet das Finanzamt das Ertragswertverfahren an. Es gilt der Hebesatz der Grundsteuer B, da es sich nicht um Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft handelt. Ob eine ermäßigte Steuermesszahl zur Anwendung kommt, hängt davon ab, ob ein Förderbescheid nach dem WoFG vorliegt oder es sich um ein Baudenkmal handelt.

Was ist ein Zweifamilienhaus?

Zweifamilienhäuser sind Wohngrundstücke, die zwei Wohnungen enthalten und kein Wohnungseigentum sind (§ 249 Abs. 2 BewG). Grundsätzlich darf das Zweifamilienhaus nur zum Wohnen genutzt werden.

Eine Mitbenutzung für andere Zwecke, also zum Beispiel für einen Gewerbebetrieb oder eine freiberufliche Tätigkeit, ist aber unschädlich, wenn diese weniger als 50 % beträgt – berechnet nach der Wohn- und Nutzfläche. Auch darf die Eigenart als Zweifamilienhaus nicht wesentlich beeinträchtigt sein. Das bedeutet: Nach dem äußeren Erscheinungsbild muss das Haus immer noch ein Zweifamilienhaus sein. Es darf sich vom Aussehen nicht von anderen Zweifamilienhäusern unterscheiden, bei denen keine Mitbenutzung für andere Zwecke vorliegt.

Es gilt: Je unauffälliger die betriebliche Nutzung, desto eher liegt noch ein Zweifamilienhaus vor. Ein Praxis- bzw. Firmenschild, Kundenparkplätze und Fahrradständer sind noch im Rahmen und beeinträchtigen das Erscheinungsbild nicht.

Je auffälliger dagegen die betriebliche Nutzung, desto eher liegt ein gemischt genutztes Grundstück vor. Die Folge: Das Finanzamt wendet bei der Bewertung nicht mehr das Ertragswertverfahren, sondern das Sachwertverfahren an – was sich eventuell negativ auf die Höhe der Grundsteuer auswirken könnte.

Beispielsfall: Die Eckdaten

Art: Zweifamilienhaus
Lage: Nordrhein-Westfalen, Dortmund, Randlage
Baujahr Gebäude: 2013
Fläche Grundstück: 500 qm
Wohnfläche: 220 qm (zwei Wohnungen à 110 qm)
Mietniveaustufe: 3
Bodenrichtwert: 300 Euro/qm
Bewertungsstichtag: 1.1.2022
Gesamtnutzungsdauer: 80 Jahre
Steuermesszahl (keine Ermäßigung): 0,31 ‰
Hebesatz der Gemeinde (B): 610 %

Beispielsfall: So berechnet sich die Grundsteuer

Leider kann man diese Eckdaten nicht einfach so in ein Berechnungsschema einfügen. Vielmehr sind etliche Zwischenschritte nötig, um die zu zahlende Grundsteuer zu ermitteln. Darüber hinaus sollte man die diversen Anlagen zum Bewertungsrecht in Griffweite haben. Denn diese sind bei der Berechnung unerlässlich.

Image
Ertragswertverfahren Wohngrundstücke

Und so ermittelt sich für das Zweifamilienhaus die Grundsteuer:

 

monatliche Nettokaltmiete / qm Wohnfläche

 

6,12 Euro/qm × 220 qm

Anlage 39 Nr. I

+

Zuschlag für Mietniveaustufe oder

+

0 %

Anlage 39 Nr. II

./.

Abschlag für Mietniveaustufe

 

 

Anlage 39 Nr. II

=

monatlicher Rohertrag

=

1.346,40 Euro

§ 254 BewG

×

12

×

12

§ 254 BewG

=

jährlicher Rohertrag

=

16.158,80 Euro

§ 254 BewG

 

Wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer

 

80 Jahre

Anlage 38

./.

Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag

 

9 Jahre

§ 253 Abs. 2 BewG

=

Restnutzungsdauer

=

71 Jahre

§ 253 Abs. 2 BewG

 

Mindestens: 30 % von 80 Jahren

=

24 Jahre

§ 253 Abs. 2 Satz 5 BewG

Anmerkung:

Die Restnutzungsdauer eines noch nutzbaren Gebäudes beträgt mindestens 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (§ 253 Abs. 2 Satz 5 BewG).

 

jährlicher Rohertrag

 

16.156,80 Euro

§ 254 BewG

 

davon x %

 

davon 18 %

Anlage 40

=

Bewirtschaftungskosten

=

2.908,22 Euro

§ 255 BewG

=

Restnutzungsdauer

 

54 Jahre

§ 253 Abs. 2 BewG

i.V.m.

Liegenschaftszinssatz

i.V.m.

2,5 %

§ 256 BewG

=

Vervielfältiger

=

33,07

Anlage 37

 

Fläche des Grundstücks

 

500 qm

§ 247 BewG

×

Bodenrichtwert

×

300 Euro/qm

§ 247 BewG

i.V.m.

Umrechnungskoeffizient bei Ein- und Zweifamilienhäusern

i.V.m.

1,00

§ 257 Abs. 1 BewG, Anlage 36

=

Bodenwert

=

150.000 Euro

§ 257 Abs. 1 BewG

×

Abzinsungsfaktor

×

0,1732

§ 257 Abs. 2 BewG, Anlage 41

=

abgezinster Bodenwert

=

25.980 Euro

§ 257 BewG

 

jährlicher Rohertrag

 

16.156,80 Euro

./.

Bewirtschaftungskosten

./.

2.908,22 Euro

=

jährlicher Reinertrag

=

13.248,58 Euro

×

Vervielfältiger

×

33,07

=

kapitalisierter Reinertrag

=

438.130,41 Euro

+

abgezinster Bodenwert

+

25.980 Euro

=

Grundsteuerwert

=

464.100,06 Euro

Achtung Mindestwert:

Der für ein bebautes Grundstück anzusetzende Wert darf nicht geringer sein als 75 % des Werts, den das Grundstück hätte, wenn es unbebaut wäre. Der Umrechnungskoeffizient ist auch hier zu berücksichtigen (§ 251 BewG, § 257 Abs. 1 Satz 2 BewG, Anlage 36).

Wert des unbebauten Grundstücks: 500 qm × 300 Euro/qm × 1,00 = 150.000 Euro

Mindestwert: 150.000 Euro × 75 % = 112.500 Euro

Abrundung auf volle 100 Euro: 112.500 Euro

Als Grundsteuerwert sind mindestens 112.500 Euro anzusetzen.

 

Grundsteuerwert

 

464.100 Euro

abgerundet auf volle 100 Euro

×

Steuermesszahl

×

0,00031

§ 15 Abs. 1 GrStG

=

Steuermessbetrag

=

149,26 Euro

§ 13 GrStG

 

Steuermessbetrag

 

149,87 Euro

 

×

Hebesatz

×

610 %

 

=

Grundsteuer

=

877,61 Euro

 

Ergebnis

Für das Zweifamilienhaus muss der Eigentümer ab dem Jahr 2025 eine jährliche Grundsteuer von 877,61 Euro bezahlen.

Wichtig:

Bei der Berechnung wurde der derzeit geltende Hebesatz verwendet. Da die Kommunen die Hebesätze generell noch anpassen wollen, kann die ab 2025 zu zahlende tatsächliche Grundsteuer abweichen.