Das Arbeiten von zu Hause liegt im Trend – nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie. Wer sich in den eigenen vier Wänden ein häusliches Arbeitszimmer einrichtet, denkt dabei wahrscheinlich zuallererst an die einkommensteuerlichen Aspekte. Denn mit einem steuerlichen anerkannten häuslichen Arbeitszimmer lassen sich ordentlich Einkommensteuern sparen. Doch ein beruflich genutzter Raum ist auch im Rahmen der Grundsteuer zu beachten.
Was ist ein häusliches Arbeitszimmer?
Hier hilft ein Blick in Richtung Einkommensteuerrecht. Die Definition eines häuslichen Arbeitszimmers ergibt sich nämlich aus der umfangreichen, jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach gilt:
„Häuslich“ ist ein Arbeitszimmer, wenn es Teil der privaten Wohnung ist oder in einem zur Wohnung gehörenden Zubehörraum, zum Beispiel einem beheizten Kellerraum, untergebracht wurde.
Bei einem „Arbeitszimmer“ handelt es sich um einen abgeschlossenen Raum, der büromäßig eingerichtet und in dem vorwiegend gedankliche, schriftliche oder verwaltungstechnische bzw. verwaltungsorganisatorische Arbeiten erledigt werden.
Typischerweise befinden sich in einem Arbeitszimmer Schreibtisch, Bürostuhl, Aktenschrank, PC, Ablagefächer, ggf. ein Besprechungstisch usw.
Keine Arbeitszimmer sind nach dieser Definition Räume, die zum Beispiel als Werkstatt, Verkaufsraum, Frisör- oder Kosmetiksalon, Notfallpraxis oder Ähnliches genutzt werden und entsprechend eingerichtet sind.
Praxistipp:
Im Bewertungsgesetz des Bundes, in den Landesgrundsteuergesetzen und in den Anwendungserlassen ist nur die Rede von „häuslichen Arbeitszimmern“. Ob diese einkommensteuerlich anerkannt sind, spielt für die Grundsteuer keine Rolle! In Hessen ist im HGrStG sogar explizit geregelt, dass es auf die „ertragsteuerliche Würdigung“ nicht ankommt (§ 5 Abs. 2 Satz 4 HGrStG).
Bundesmodell
Beim Bundesmodell gehören die Grundflächen von häuslichen Arbeitszimmern zur Wohnfläche. Das bedeutet, deren Fläche wird bei der Ermittlung des Grundsteuerwertes mit berücksichtigt.
Praxistipp:
Auch bei gewerblicher bzw. betrieblicher oder freiberuflicher Nutzung handelt es sich um Wohnfläche, nicht um Nutzfläche.
Warum es wichtig ist, dass es sich bei der Fläche eines häuslichen Arbeitszimmers um Wohnfläche handelt? Ganz einfach: Nach dem Verhältnis der Wohnfläche zur Nutzfläche entscheidet sich, welche Grundstücksart vorliegt und welches Bewertungsverfahren zur Anwendung kommt. Das spielt vor allem bei Grundstücken eine Rolle, die teilweise zum Wohnen und teilweise betrieblich bzw. gewerblich genutzt werden, also bei Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken.
Wird ein Grundstück zu mehr als 80 % zu eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken genutzt, liegt ein Geschäftsgrundstück vor (§ 249 Abs. 7 BewG). Dient das Grundstück dagegen zu mehr als 80 % zu Wohnzwecken, handelt es sich um ein Mietwohngrundstück – soweit kein Ein- oder Zweifamilienhaus oder Wohnungseigentum vorliegt (§ 249 Abs. 4 BewG). Bei einem gemischt genutzten Grundstück liegt die betriebliche Nutzung bzw. die Nutzung zu Wohnzwecken bei mindestens 20 % und höchstens 80 %.
Beispiel:
In einem mehrstöckigen Gebäude befinden sich diese Räume:
- im Erdgeschoss ein Laden mit einer Fläche von 50 qm
- in den anderen Stockwerken Wohnungen mit einer Fläche von insgesamt 490 qm
- zu den Wohnungen gehörende Kellerräume mit einer Fläche von insgesamt 65 qm
- zum Laden gehörende Kellerräume von insgesamt 30 qm
In manchen Wohnungen befinden sich Räume, die als häusliches Arbeitszimmer genutzt werden. Deren Fläche beträgt insgesamt 70 qm.
Die Wohnfläche beträgt 490 qm. Die Flächen der häuslichen Arbeitszimmer zählen hier mit zur Wohnfläche dazu. Die zur Wohnfläche gehörenden Kellerräume (65 qm) sind nicht zu berücksichtigen.
Die betrieblich genutzte Fläche beträgt 80 qm (= Laden 50 qm + Keller 30 qm).
Die gesamte zu berücksichtigende Fläche liegt bei 570 qm.
Damit liegt die Nutzung zu betrieblichen Zwecken bei 14,04 %, die Nutzung zu Wohnzwecken bei 85,96 %. Das Grundstück ist deshalb ein Mietwohngrundstück, da die Nutzung zu Wohnzwecken mehr als 80 % beträgt. Die Bewertung erfolgt nach dem Ertragswertverfahren.
Würde man die Flächen der häuslichen Arbeitszimmer nicht als Wohnfläche, sondern als Nutzfläche behandeln, läge die betrieblich genutzte Fläche bei 150 qm. Damit würde die Nutzung zu betrieblichen Zwecken 26,32 % betragen, die Nutzung zu Wohnzwecken bei 73,68 %. Es würde sich also um ein gemischt genutztes Grundstück handeln. Die Bewertung würde nach dem Sachwertverfahren erfolgen.
Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg spielt die Bebauung für die Ermittlung des Grundsteuerwertes grundsätzlich keine Rolle. Jedoch beeinflusst die Art der Bebauung die Höhe der Steuermesszahl. Diese ermäßigt sich nämlich um 30 %, wenn das Grundstück überwiegend zu Wohnzwecken dient.
„Überwiegend“ bedeutet, dass der Anteil der Wohnnutzung an der gesamten Wohn- und Nutzfläche den Anteil der sonstigen Nutzung übersteigt (§ 40 Abs. 3 LGrStG). Beträgt also die Wohnfläche mehr als 50 %, kommt die ermäßigte Steuermesszahl von 0,91 ‰ zur Anwendung (statt 1,3 ‰).
Ob die Fläche eines häuslichen Arbeitszimmers zur Wohnfläche zählt, ergibt sich leider nicht aus dem Landesgrundsteuergesetz. Der Anwendungserlass (AELGrStG) enthält zwar auch keine Regelung zum häuslichen Arbeitszimmer, es wird jedoch bezüglich der Ermittlung der Wohnfläche explizit auf die Wohnflächenverordnung verwiesen. Und dort heißt es, dass die Wohnnutzung die Räume umfasst, die ausschließlich zu einer Wohnung gehören.
Weiterhin sind laut AELGrStG Büroräume außerhalb der Wohnung von der Wohnnutzung ausgenommen.
Aus alldem lässt sich deshalb schließen, dass in Baden-Württemberg das häusliche Arbeitszimmer, das sich innerhalb der Wohnung befindet, als Wohnfläche zählt.
Bayern
Die Nutzung einer Fläche bzw. eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer gilt in Bayern als Wohnnutzung (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayGrStG). Die entsprechende Fläche zählt deshalb als Wohnfläche, nicht als Nutzfläche.
Das ist deshalb wichtig, weil für Wohnflächen mit 70 % eine niedrigere Steuermesszahl gilt als für Nutzflächen, für die 100 % angesetzt werden.
Durch die Behandlung des häuslichen Arbeitszimmers als Wohnfläche fällt der Grundsteuerwert niedriger aus und damit ist auch die letztlich zu zahlende Grundsteuer geringer.
Hamburg
Die Nutzung einer Fläche bzw. eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer gilt in Hamburg als Wohnnutzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HmbGrStG). Die entsprechende Fläche zählt deshalb als Wohnfläche, nicht als Nutzfläche.
Das ist deshalb wichtig, weil für Wohnflächen in guten Wohnlagen mit 70 % eine niedrigere Steuermesszahl gilt als für Nutzflächen, für die 100 % angesetzt werden. In normalen Wohnlagen reduziert sich die Steuermesszahl um weitere 25 % (§ 4 Abs. 3 und 4 HmbGrStG).
Durch die Behandlung des häuslichen Arbeitszimmers als Wohnfläche fällt der Grundsteuerwert niedriger aus und damit ist auch die letztlich zu zahlende Grundsteuer geringer.
Hessen
Die Nutzung einer Fläche bzw. eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer gilt in Hessen als Wohnnutzung (§ 5 Abs. 2 Satz 4 HGrStG). Die entsprechende Fläche zählt deshalb als Wohnfläche, nicht als Nutzfläche.
Das ist deshalb wichtig, weil für Wohnflächen mit 70 % eine niedrigere Steuermesszahl gilt als für Nutzflächen, für die 100 % angesetzt werden.
Durch die Behandlung des häuslichen Arbeitszimmers als Wohnfläche fällt der Grundsteuerwert niedriger aus und damit auch die letztlich zu zahlende Grundsteuer.
Niedersachsen
Die Nutzung einer Fläche bzw. eines Raumes als häusliches Arbeitszimmer gilt in Niedersachsen als Wohnnutzung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 NGrStG). Die entsprechende Fläche zählt deshalb als Wohnfläche, nicht als Nutzfläche.
Das ist deshalb wichtig, weil für Wohnflächen mit 70 % eine niedrigere Steuermesszahl gilt als für Nutzflächen, für die 100 % angesetzt werden.
Durch die Behandlung des häuslichen Arbeitszimmers als Wohnfläche fällt der Grundsteuerwert niedriger aus und damit ist auch die letztlich zu zahlende Grundsteuer niedriger.