Berechnung der Grundsteuer für Wochenend- und Ferienhäuser

Aufgrund der Öffnungsklausel weichen einzelne Bundesländer vom Bundesmodell ab.

Welches Bewertungsverfahren bei einer Ferienwohnung zur Anwendung kommt, entscheidet sich danach, ob noch eine Nutzung zu Wohnzwecken vorliegt. Bei einem Wochenendhaus hängt die Bewertung davon ab, ob das Haus dauerhaft bewohnbar ist oder nicht. Je nachdem wendet das Finanzamt im Rahmen des Bundesmodells das Ertragswertverfahren oder das Sachwertverfahren an. In jedem Fall gilt der Hebesatz der Grundsteuer B. Eine Ermäßigung der Steuermesszahl kommt zum Beispiel in Betracht, wenn es sich um ein Baudenkmal handelt.

Was ist ein Wochenendhaus und wie wird es bewertet?

Ein Wochenendhaus dient dazu, dort seine Wochenenden oder auch Urlaube zu verbringen. Ein dauernder Aufenthalt ist in der Regel nicht vorgesehen.

Ob es sich dabei um ein Wohngebäude oder um ein sonstiges Grundstück handelt, hängt davon ab, ob das Wochenendhaus dauernd bewohnt werden „könnte“. Auf das „Dürfen“ kommt es dagegen nicht an.

Wenn Wochenendhäuser nicht dauernd bewohnt werden können, gehören sie zu den sonstigen bebauten Grundstücken. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Haus nicht winterfest ist und deshalb in der kalten Jahreszeit nicht zum Wohnen geeignet ist. In diesem Fall erfolgt die Bewertung des Grundstücks anhand des Sachwertverfahrens.

Dagegen sind Wochenendhäuser, die während des ganzen Jahres bewohnbar sind, Wohngebäude. Je nach baulichen Gegebenheiten kann ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus oder Wohneigentum vorliegen. In diesem Fall erfolgt die Bewertung des Grundstücks anhand des Ertragswertverfahrens.

Gut zu wissen:

Das Wochenendhaus kann auch dann ein Wohngebäude darstellen, wenn aufgrund baurechtlicher oder anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften eine ganzjährige Bewohnung nicht gestattet ist.

Beispiel:

Im Bebauungsplan ist das Gebiet, in dem das Haus liegt, als Wochenendhausgebiet ausgewiesen. Das Haus darf damit baurechtlich nicht ständig bewohnt werden.

Variante 1: Das Haus ist nicht winterfest. Damit ist keine ganzjährige Nutzungsmöglichkeit gegeben. Es handelt sich deshalb um ein sonstiges bebautes Grundstück, das mit dem Sachwertverfahren bewertet wird.

Variante 2 Im Bebauungsplan ist das Gebiet, in dem das Haus liegt, als Wochenendhausgebiet ausgewiesen. Das Haus darf damit baurechtlich nicht ständig bewohnt werden.

Was ist eine Ferienwohnung und wie wird sie bewertet?

Ferienwohnungen und Ferienhäuser sind dazu gedacht, den Urlaub dort zu verbringen. Soweit der Eigentümer die Ferienwohnung nicht selbst nutzt, wird sie in der restlichen Zeit gerne vermietet. Manchmal stehen sie aber auch für den Rest des Jahres leer.

Hier stellt sich die Frage, ob die Ferienwohnung überhaupt Wohnzwecken dient, wenn sie vermietet wird. Insbesondere, wenn der Eigentümer die Ferienwohnung auch selbst nutzt, dürfte eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken jedoch gegeben sein – zumindest im Rahmen des Bundesmodells. Die Folge: Je nach baulichen Gegebenheiten liegt ein Wohngebäude vor (Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Wohneigentum). Die Bewertung erfolgt dann mit dem Ertragswertverfahren.

Lediglich bei einer gewerblichen Vermietung – die bei privaten Eigentümern jedoch in den wenigsten Fällen vorliegen dürfte – ist eine betriebliche Nutzung anzunehmen. In diesem Fall gehören die Ferienwohnungen wie Hotels zu den Geschäftsgrundstücken (A 249.7 AEBewGrSt).

Bundesmodell vs. Landesmodelle

Im Rahmen des Bundesmodells dürfte eine Ferienwohnung, die nicht nur selbst genutzt sondern auch vermietet wird, Wohnzwecken dienen. Zumindest ist im BewG und im AEBewGrSt nichts Abweichendes geregelt.

Auch in den Landesgrundsteuergesetzen von Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg findet sich keine Regelung bezüglich Ferienwohnungen. Die Rede ist lediglich von „Wohnnutzung“, ohne diesen Ausdruck näher zu definieren.

Nur Hessen und Niedersachsen haben ausdrücklich geregelt: „Die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Personen ist kein Wohnzweck.“ Das bedeutet, hierbei handelt es sich nicht um Wohnfläche, sondern um Nutzfläche, was sich auf die Steuermesszahl auswirkt.

Besonderheiten bei der Berechnung der Grundsteuer

Ferienwohnungen und Wochenendhäuser gelten jeweils als ein Grundstück. Für jedes muss also eine Grundsteuererklärung abgegeben werden.

Sonstige bebaute Grundstücke werden mithilfe des Sachwertverfahrens bewertet. Als Normalherstellungskosten setzt man den entsprechenden Wert der Gebäudeart an, der sich aus Anlage 42 Nr. II zum BewG ergibt. Normalherstellungskosten für nicht aufgeführte Gebäudearten leitet man aus den Normalherstellungskosten vergleichbarer Gebäudearten ab. Bei Wochenendhäusern, die nicht dauernd bewohnt werden können, kommt am ehesten die Gebäudeart „Gemischt genutzte Grundstücke (Wohnhäuser mit Mischnutzung)“ infrage.

Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer kann man der Tabelle der Anlage 38 zum BewG entnehmen. Für nicht aufgeführte Gebäudearten ist die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer aus der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer vergleichbarer Gebäudearten abzuleiten. Bei Wochenendhäusern, die nicht dauernd bewohnt werden können, wären dies 80 Jahre – entsprechend der Gebäudeart „Gemischt genutzte Grundstücke (Wohnhäuser mit Mischnutzung)“.

Beispiel: So berechnet sich die Grundsteuer für ein Wochenendhaus

Die Eckdaten:

Art: Wochenendhaus, nicht winterfest und damit nicht ganzjährig nutzbar; es handelt sich deshalb um ein sonstiges bebautes Grundstück und die Bewertung erfolgt mit dem Sachwertverfahren
Lage: Rheinland-Pfalz
Baujahr Gebäude: 2010
Fläche Grundstück: 400 qm
Brutto-Grundfläche: 90 qm
Normalherstellungskosten: 1.118 Euro/qm (wie für gemischt genutzte Grundstücke)
Baupreisindex: 41 %
Bodenrichtwert: 450 Euro/qm
Bewertungsstichtag: 1.1.2022
Gesamtnutzungsdauer: 80 Jahre
Steuermesszahl (keine Ermäßigung): 0,34 ‰
Hebesatz der Gemeinde (B): 450 %

So wird gerechnet:

Diese Eckdaten fügt man nun in das Berechnungsschema zum Sachwertverfahren ein. Die diversen Anlagen zum Bewertungsrecht sollte man in Griffweite haben. Denn diese sind bei der Berechnung unerlässlich.

Image
Sachwertverfahren Nichtwohngrundstücke

Und so ermittelt sich für das Wochenendhaus die Grundsteuer:

 

Normalherstellungskosten Gebäude

 

1.118 Euro/qm

§ 259 Abs. 1 BewG, Anlage 42 Nr. II

Baupreisindex

41 %

§ 259 Abs. 3 BewG

=

angepasste Normalherstellungskosten

 

1.576,38 Euro/qm

§ 259 Abs. 3 BewG

×

Brutto-Grundfläche

×

90 qm

§ 259 Abs. 2 BewG, Anlage 42 Nr. I

=

Gebäudenormalherstellungswert

 

141.874,20 Euro

§ 259 Abs. 2 BewG

Gebäudenormalherstellungswert ×

Alter des Gebäudes

= Alterswertminderung

wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer

141.874,20 Euro ×

12

= 21.281,13 Euro

80

=

Gebäudenormalherstellungswert

 

141.874,20 Euro

§ 259 Abs. 2 BewG

./.

Alterswertminderung

./.

21.281,13 Euro

§ 259 Abs. 4 BewG, Anlage 38

=

Gebäudesachwert

=

120.593,07 Euro

§ 259 BewG

Achtung Restwert: Der nach Abzug der Alterswertminderung verbleibende Gebäudesachwert ist für die weitere Berechnung des Grundsteuerwerts mit mindestens 30 % der Gebäudenormalherstellungskosten anzusetzen (Restwertregelung).

Restwert: 141.874,20 Euro × 30 % = 42.562,26 Euro

Als Gebäudesachwert sind mindestens 42.562,26 Euro anzusetzen, hier der höhere Wert von 120.593,07 Euro.

 

Grundstücksfläche

 

400 qm

 

×

Bodenrichtwert

×

450 Euro/qm

§ 247 Abs. 2 BewG

=

Bodenwert

=

180.000 Euro

§ 258 Abs. 2 BewG

 

 

 

 

 

 

Gebäudesachwert

 

120.593,07 Euro

 

+

Bodenwert

+

180.000 Euro

 

=

vorläufiger Sachwert

=

300.593,07 Euro

§ 258 Abs. 3 BewG

×

Wertzahl

×

1,00

§ 260 BewG, Anlage 43

=

Grundsteuerwert (abgerundet auf volle 100 Euro)

 

300.500 Euro

§§ 258 Abs. 3, 260, 230 BewG

Achtung Mindestwert: Der für ein bebautes Grundstück anzusetzende Wert darf nicht geringer sein als 75 % des Wertes, den das Grundstück hätte, wenn es unbebaut wäre (§ 251 Satz 1 BewG).

Wert des unbebauten Grundstücks: 400 qm × 450 Euro/qm = 180.000 Euro

Mindestwert: 180.000 Euro × 75 % = 135.000 Euro

Als Grundsteuerwert sind mindestens 135.000 Euro anzusetzen, hier der höhere Wert von 300.500 Euro.

 

Grundsteuerwert

 

300.500 Euro

abgerundet auf volle 100 Euro

×

Steuermesszahl

×

0,00034

§ 15 Abs. 1 GrStG

=

Steuermessbetrag

=

102,17 Euro

§ 13 GrStG

 

Steuermessbetrag

 

102,17 Euro

 

×

Hebesatz

×

450 %

 

=

Grundsteuer

=

459,77 Euro

 

Ergebnis

Für das Wochenendhaus muss der Eigentümer ab dem Jahr 2025 eine jährliche Grundsteuer von 459,77 Euro bezahlen.

Wichtig:

Bei der Berechnung wurde ein derzeit geltender Hebesatz verwendet. Da die Kommunen die Hebesätze generell noch anpassen wollen, kann die künftig zu zahlende tatsächliche Grundsteuer abweichen.